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Gegen-wart enthüllt sich, wenn wir diese Ekstase im Modus der eigentlichen Zeitlichkeit zur Vergleichung beiziehen. Zum Vorlaufen der Entschlossenheit gehört eine Gegenwart, gemäß der ein Entschluß die Situation erschließt. In der Entschlossenheit ist die Gegenwart aus der Zerstreuung in das nächst Besorgte nicht nur zurückgeholt, sondern wird in der Zukunft und Gewesenheit gehalten. Die in der eigentlichen Zeitlichkeit gehaltene, mithin eigentliche Gegenwart nennen wir den Augenblick. Dieser Terminus muß im aktiven Sinne als Ekstase verstanden werden. Er meint die entschlossene, aber in der Entschlossenheit gehaltene Entrückung des Daseins an das, was in der Situation an besorgbaren Möglichkeiten, Umständen begegnet. Das Phänomen des Augenblicks kann grundsätzlich nicht aus dem Jetzt aufgeklärt werden. Das Jetzt ist ein zeitliches Phänomen, das der Zeit als Innerzeitigkeit zugehört: das Jetzt, »in dem« etwas entsteht, vergeht oder vorhanden ist. »Im Augenblick« kann nichts vorkommen, sondern als eigentliche Gegen-wart läßt er erst begegnen, was als Zuhandenes oder Vorhandenes »in einer Zeit« sein kann1.

Im Unterschied vom Augenblick als eigentlicher Gegenwart nennen wir die uneigentliche das Gegenwärtigen. Formal verstanden ist jede Gegenwart gegenwärtigend, aber nicht jede »augenblicklich«. Wenn wir den Ausdruck Gegenwärtigen ohne Zusatz gebrauchen, ist immer das uneigentliche, augenblicklosunentschlossene gemeint. Das Gegenwärtigen wird erst aus der zeitlichen Interpretation des Verfallens an die besorgte »Welt« deutlich werden, das in ihm seinen existenzialen Sinn hat. Sofern aber das uneigentliche Verstehen das Seinkönnen aus dem Besorgbaren entwirft, heißt das, es zeitigt sich aus dem Gegenwärtigen. Dagegen zeitigt sich der Augenblick umgekehrt aus der eigentlichen Zukunft.

Das uneigentliche Verstehen zeitigt sich als gegenwärtigendes Gewärtigen, dessen ekstatischer Einheit eine entsprechende Gewesenheit



1 S. Kierkegaard hat das existenzielle Phänomen des Augenblicks wohl am eindringlichsten gesehen, was nicht schon bedeutet, daß ihm auch die existenziale Interpretation entsprechend gelungen ist. Er bleibt am vulgären Zeitbegriff haften und bestimmt den Augenblick mit Hilfe von Jetzt und Ewigkeit. Wenn K. von »Zeitlichkeit« spricht, meint er das »In-der-Zeit-sein« des Menschen. Die Zeit als Innerzeitigkeit kennt nur das Jetzt, aber nie einen Augenblick. Wird dieser aber existenziell erfahren, dann ist eine ursprünglichere Zeitlichkeit, obzwar existenzial unausdrücklich, vorausgesetzt. Bezüglich des »Augenblicks« vgl. K. Jaspers, Psychologie der Weltanschauungen. 3. unveränderte Auflage 1925, S. 108 ff. und hierzu das »Referat Kierkegaards« S. 419-432.


Martin Heidegger - Sein und Zeit