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der Analyse von Verstehen und Auslegung1. Danach ist Sinn das, worin sich die Verstehbarkeit von etwas hält, ohne daß es selbst ausdrücklich und thematisch in den Blick kommt. Sinn bedeutet das Woraufhin des primären Entwurfs, aus dem her etwas als das, was es ist, in seiner Möglichkeit begriffen werden kann. Das Entwerfen erschließt Möglichkeiten, das heißt solches, das ermöglicht.

Das Woraufhin eines Entwurfs freilegen, besagt, das erschließen, was das Entworfene ermöglicht. Diese Freilegung verlangt methodisch, dem einer Auslegung zugrundeliegenden, meist unausdrücklichen Entwurf so nachzugehen, daß das im Entwerfen Entworfene hinsichtlich seines Woraufhin erschlossen und faßbar wird. Den Sinn der Sorge herausstellen, heißt dann: den der ursprünglichen existenzialen Interpretation des Daseins zugrundeliegenden und sie leitenden Entwurf so verfolgen, daß in seinem Entworfenen dessen Woraufhin sichtbar wird. Das Entworfene ist das Sein des Daseins und zwar erschlossen in dem, was es als eigentliches Ganzseinkönnen konstituiert. Das Woraufhin dieses Entworfenen, des erschlossenen, so konstituierten Seins, ist das, was diese Konstitution des Seins als Sorge selbst ermöglicht. Mit der Frage nach dem Sinn der Sorge ist gefragt: was ermöglicht die Ganzheit des gegliederten Strukturganzen der Sorge in der Einheit ihrer ausgefalteten Gliederung?

Streng genommen bedeutet Sinn das Woraufhin des primären Entwurfs des Verstehens von Sein. Das sich selbst erschlossene In-der-Welt-sein versteht mit dem Sein des Seienden, das es selbst ist, gleichursprünglich das Sein des innerweltlich entdeckten Seienden, wenngleich unthematisch und sogar noch undifferenziert in seinen primären Modi der Existenz und Realität. Alle ontische Erfahrung von Seiendem, das umsichtige Berechnen des Zuhandenen sowohl wie das positiv wissenschaftliche Erkennen des Vorhandenen, gründen in jeweils mehr oder minder durchsichtigen Entwürfen des Seins des entsprechenden Seienden. Diese Entwürfe aber bergen in sich ein Woraufhin, aus dem sich gleichsam das Verstehen von Sein nährt.

Wenn wir sagen: Seiendes »hat Sinn«, dann bedeutet das, es ist in seinem Sein zugänglich geworden, das allererst, auf sein Woraufhin entworfen, »eigentlich« »Sinn hat«. Das Seiende »hat« nur Sinn, weil es, als Sein im vorhinein erschlossen, im Entwurf des Seins, das heißt, aus dessen Woraufhin verständlich wird. Der primäre Entwurf



1 Vgl. § 32, S. 148 ff., besonders S. 151 f.


Martin Heidegger - Sein und Zeit