verkannt, daß auch, wenn niemand urteilt, Wahrheit schon vorausgesetzt wird, sofern überhaupt Dasein ist.
Ein Skeptiker kann nicht widerlegt werden, so wenig wie das Sein der Wahrheit »bewiesen« werden kann. Der Skeptiker, wenn er faktisch ist, in der Weise der Negation der Wahrheit, braucht auch nicht widerlegt zu werden. Sofern er ist und sich in diesem Sein verstanden hat, hat er in der Verzweiflung des Selbstmords das Dasein und damit die Wahrheit ausgelöscht. Wahrheit läßt sich in ihrer Notwendigkeit nicht beweisen, weil das Dasein für es selbst nicht erst unter Beweis gestellt werden kann. So wenig erwiesen ist, daß es »ewige Wahrheiten« gibt, so wenig ist es erwiesen, daß es je – was die Widerlegungen des Skeptizismus trotz ihres Unternehmens im Grunde glauben – einen »wirklichen« Skeptiker »gegeben« hat. Vielleicht öfter, als die Harmlosigkeit der formal-dialektischen Überrumpelungsversuche gegenüber dem »Skeptizismus« wahr haben möchte.
So wird denn überhaupt bei der Frage nach dem Sein der Wahrheit und der Notwendigkeit ihrer Voraussetzung ebenso wie bei der nach dem Wesen der Erkenntnis ein »ideales Subjekt« angesetzt. Das ausdrückliche oder unausdrückliche Motiv dafür liegt in der berechtigten, aber doch auch erst ontologisch zu begründenden Forderung, daß die Philosophie das »Apriori« und nicht »empirische Tatsachen« als solche zum Thema hat. Aber genügt dieser Forderung der Ansatz eines »idealen Subjekts«? Ist es nicht ein phantastisch idealisiertes Subjekt? Wird mit dem Begriff eines solchen Subjekts nicht gerade das Apriori des nur »tatsächlichen« Subjekts, des Daseins, verfehlt? Gehört zum Apriori des faktischen Subjekts, das heißt zur Faktizität des Daseins nicht die Bestimmtheit, daß es gleichursprünglich in der Wahrheit und Unwahrheit ist?
Die Ideen eines »reinen Ich« und eines »Bewußtseins überhaupt« enthalten so wenig das Apriori der »wirklichen« Subjektivität, daß sie die ontologischen Charaktere der Faktizität und der Seinsverfassung des Daseins überspringen, bzw. überhaupt nicht sehen. Die Zurückweisung eines »Bewußtseins überhaupt« bedeutet nicht die Negation des Apriori, so wenig als der Ansatz eines idealisierten Subjekts die sachgegründete Apriorität des Daseins verbürgt.
Die Behauptung »ewiger Wahrheiten«, ebenso wie die Vermengung der phänomenal gegründeten »Idealität« des Daseins mit einem idealisierten absoluten Subjekt gehören zu den längst noch nicht radikal ausgetriebenen Resten von christlicher Theologie innerhalb der philosophischen Problematik.