Ebensowenig liegt in dieser »Beschränkung« eine Herabminderung des Wahrseins der »Wahrheiten«.
Die Gesetze Newtons waren vor ihm weder wahr noch falsch, kann nicht bedeuten, das Seiende, das sie entdeckend aufzeigen, sei vordem nicht gewesen. Die Gesetze wurden durch Newton wahr, mit ihnen wurde für das Dasein Seiendes an ihm selbst zugänglich. Mit der Entdecktheit des Seienden zeigt sich dieses gerade als das Seiende, das vordem schon war. So zu entdecken, ist die Seinsart der »Wahrheit«.
Daß es »ewige Wahrheiten« gibt, wird erst dann zureichend bewiesen sein, wenn der Nachweis gelungen ist, daß in alle Ewigkeit Dasein war und sein wird. Solange dieser Beweis aussteht, bleibt der Satz eine phantastische Behauptung, die dadurch nicht an Rechtmäßigkeit gewinnt, daß sie von den Philosophen gemeinhin »geglaubt« wird.
Alle Wahrheit ist gemäß deren wesenhafter daseinsmäßiger Seinsart relativ auf das Sein des Daseins. Bedeutet diese Relativität soviel wie: alle Wahrheit ist »subjektiv«? Wenn man »subjektiv« interpretiert als »in das Belieben des Subjekts gestellt«, dann gewiß nicht. Denn das Entdecken entzieht seinem eigensten Sinne nach das Aussagen dem »subjektiven« Belieben und bringt das entdeckende Dasein vor das Seiende selbst. Und nur weil »Wahrheit« als Entdecken eine Seinsart des Daseins ist, kann sie dessen Belieben entzogen werden. Auch die »Allgemeingültigkeit« der Wahrheit ist lediglich darin verwurzelt, daß das Dasein Seiendes an ihm selbst entdecken und freigeben kann. Nur so vermag dieses Seiende an ihm selbst jede mögliche Aussage, das heißt Aufzeigung seiner, zu binden. Wird die rechtverstandene Wahrheit dadurch im mindesten angetastet, daß sie ontisch nur im »Subjekt« möglich ist und mit dessen Sein steht und fällt?
Aus der existenzial begriffenen Seinsart der Wahrheit wird nun auch der Sinn der Wahrheitsvoraussetzung verständlich. Warum müssen wir voraussetzen, daß es Wahrheit gibt? Was heißt »voraussetzen«? Was meint das »müssen« und »wir«? Was besagt: »es gibt Wahrheit«? Wahrheit setzen »wir« voraus, weil »wir«, seiend in der Seinsart des Daseins, »in der Wahrheit« sind. Wir setzen sie nicht voraus als etwas »außer« und »über« uns, zu dem wir uns neben anderen »Werten« auch verhalten. Nicht wir setzen die »Wahrheit« voraus, sondern sie ist es, die ontologisch überhaupt möglich macht, daß wir so sein kön-