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b) Realität als ontologisches Problem


Wenn der Titel Realität das Sein des innerweltlich vorhandenen Seienden (res) meint – und nichts anderes wird darunter verstanden –, dann bedeutet das für die Analyse dieses Seinsmodus: innerweltliches Seiendes ist ontologisch nur zu begreifen, wenn das Phänomen der Innerweltlichkeit geklärt ist. Diese aber gründet im Phänomen der Welt, die ihrerseits als wesenhaftes Strukturmoment des In-der-Welt-seins zur Grundverfassung des Daseins gehört. Das In-der-Welt-sein wiederum ist ontologisch verklammert in der Strukturganzheit des Seins des Daseins, als welche die Sorge charakterisiert wurde. Damit aber sind die Fundamente und Horizonte gekennzeichnet, deren Klärung erst die Analyse von Realität ermöglicht. In diesem Zusammenhang wird auch erst der Charakter des An-sich ontologisch verständlich. Aus der Orientierung an diesem Problemzusammenhang wurde in den früheren Analysen das Sein des innerweltlichen Seienden interpretiert1.

Zwar kann in gewissen Grenzen schon eine phänomenologische Charakteristik der Realität des Realen gegeben werden ohne die ausdrückliche existenzial-ontologische Basis. Das hat Dilthey in der oben genannten Abhandlung versucht. Reales wird in Impuls und Wille erfahren. Realität ist Widerstand, genauer Widerständigkeit. Die analytische Herausarbeitung des Widerstandsphänomens ist das Positive in der genannten Abhandlung und die beste konkrete Bewährung der Idee einer »beschreibenden und zergliedernden Psychologie«. Die rechte Auswirkung der Analyse des Widerstandsphänomens wird aber hintangehalten durch die erkenntnistheoretische Realitätsproblematik. Der »Satz von der Phänomenalität« läßt Dilthey nicht zu einer ontologischen Interpretation des Seins des Bewußtseins kommen. »Der Wille und seine Hemmung treten innerhalb desselben Bewußtseins auf«2. Die Seinsart des »Auftretens«, der Seinssinn des »innerhalb«, der Seinsbezug des Bewußtseins zum Realen selbst, all das bedarf der ontologischen Bestimmung. Daß sie ausbleibt, liegt letztlich daran, daß Dilthey das »Leben«, »hinter« das freilich nicht zurückzugehen ist, in ontologischer Indifferenz stehen ließ. Ontologische Interpretation des Daseins bedeutet jedoch nicht ontisches Zurückgehen auf



1 Vgl. vor allem § 16, S. 72 ff.: Die am innerweltlichen Seienden sich meldende Weltmäßigkeit der Umwelt; § 18, S. 83 ff.: Bewandtnis und Bedeutsamkeit. Die Weltlichkeit der Welt; § 29, S. 134 ff.: Dasein als Befindlichkeit – Über das An-sich-sein des innerweltlichen Seienden vgl. S. 75 f.

2 Vgl. Beiträge a. a. O. S. 134.


Martin Heidegger - Sein und Zeit