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zeigen sie in der Tat so etwas wie »Welt« eindringlicher. Diese Dinge sind aber doch auch Seiendes »innerhalb« der Welt.

Weder die ontische Abschilderung des innerweltlichen Seienden, noch die ontologische Interpretation des Seins dieses Seienden treffen als solche auf das Phänomen »Welt«. In beiden Zugangsarten zum »objektiven Sein« ist schon und zwar in verschiedener Weise »Welt« »vorausgesetzt«.

Kann am Ende »Welt« überhaupt nicht als Bestimmung des genannten Seienden angesprochen werden? Wir nennen aber doch dieses Seiende innerweltlich. Ist »Welt« gar ein Seinscharakter des Daseins? Und hat dann »zunächst« jedes Dasein seine Welt? Wird so »Welt« nicht etwas »Subjektives«? Wie soll denn noch eine »gemeinsame« Welt möglich sein, »in« der wir doch sind? Und wenn die Frage nach der »Welt« gestellt wird, welche Welt ist gemeint? Weder diese noch jene, sondern die Weltlichkeit von Welt überhaupt. Auf welchem Wege treffen wir dieses Phänomen an?

»Weltlichkeit« ist ein ontologischer Begriff und meint die Struktur eines konstitutiven Momentes des In-der-Welt-seins. Dieses aber kennen wir als existenziale Bestimmung des Daseins. Weltlichkeit ist demnach selbst ein Existenzial. Wenn wir ontologisch nach der »Welt« fragen, dann verlassen wir keineswegs das thematische Feld der Analytik des Daseins. »Welt« ist ontologisch keine Bestimmung des Seienden, das wesenhaft das Dasein nicht ist, sondern ein Charakter des Daseins selbst. Das schließt nicht aus, daß der Weg der Untersuchung des Phänomens »Welt« über das innerweltlich Seiende und sein Sein genommen werden muß. Die Aufgabe einer phänomenologischen »Beschreibung« der Welt liegt so wenig offen zutage, daß schon ihre zureichende Bestimmung wesentliche ontologische Klärungen verlangt.

Aus der durchgeführten Erwägung und häufigen Verwendung des Wortes »Welt« springt seine Vieldeutigkeit in die Augen. Die Entwirrung dieser Vieldeutigkeit kann zu einer Anzeige der in den verschiedenen Bedeutungen gemeinten Phänomene und ihres Zusammenhangs werden.

1. Welt wird als ontischer Begriff verwendet und bedeutet dann das All des Seienden, das innerhalb der Welt vorhanden sein kann.

2. Welt fungiert als ontologischer Terminus und bedeutet das Sein des unter n. 1 genannten Seienden. Und zwar kann »Welt« zum Titel der Region werden, die je eine Mannigfaltigkeit von Seiendem umspannt; z. B. bedeutet Welt soviel wie in der Rede von der »Welt«


Martin Heidegger - Sein und Zeit