1. Vorblick
Jene Not ist jedoch in den wesentlichen Anfängen und Übergängen der Geschichte des Menschen verschieden. Niemals aber darf sie äußerlich und kurz rechnend genommen werden als ein Mangel, als Elend und dergleichen. Sie steht außerhalb jeder »pessimistischen« oder »optimistischen« Bewertbarkeit. Je nach der anfänglichen Erfahrung dieser Not ist die zur Notwendigkeit stimmende Grundstimmung.
Die Grundstimmung des ersten Anfangs ist das Er-staunen, daß Seiendes ist, daß der Mensch selbst seiend, seiend ist in dem, was er nicht ist.
Die Grundstimmung des anderen Anfangs ist das Er-schrekken. Das Erschrecken in der Seinsverlassenheit (vgl. Der Anklang) und die in solchem Erschrecken als einem schaffenden gründende Verhaltenheit.
Die Not als jenes Umtreibende, was erst die Entscheidung und Scheidung des Menschen als eines Seienden vom Seienden und inmitten seiner und wieder zu ihm zurück ernötigt. Diese Not gehört zur Wahrheit des Seyns selbst. Am ursprünglichsten ist sie Not in der Nötigung zu der Notwendigkeit der höchsten Möglichkeiten, auf deren Wegen der Mensch schaffend — gründend über sich hinaus und in den Grund des Seienden zurückgeht. Wo diese Not ins Höchste steigt, ernötigt sie das Da-sein und seine Gründung (vgl. jetzt WS. 37/38 S. 18 ff.)*.
Die Not, jenes Umtreibende, Wesende - wie, wenn es die Wahrheit des Seyns selbst wäre, wie, wenn mit der ursprünglicheren Gründung der Wahrheit zugleich das Seyn wesender würde -als das Ereignis? Und wenn so die Not nötigender, umtreibender würde, der Umtrieb aber in dieser Heftigkeit nur jener Streit wäre, der im Obermaß der Innigkeit des Seienden und des Seyns seinen sich versagenden Grund hätte?
* Vorlesung Wintersemester 1937/38 »Grundfragen der Philosophie. Ausgewählte >Probleme< der >Logik<« (Gesamtausgabe Band 45, S. 67 ff.)