Symptomatisch für diesen Drang ins Objektive ist die Abkehr von den Beflexionen der Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie; die jetzt übliche vornehmere Geste des Geschichtsphilosophen: objektive Metaphysik. Für den Zug zu einer solchen ist ein untrügliches Merkzeichen die Art, wie und wo man sich in der Geschichte der Philosophie Rat holt. Aristoteles, in der traditionellen Auslegung, Leibniz und Hegel werden Vorbilder. Die Auslegtingsrichtung der Philosophie im Heute hält sich im Ansetzen eines universalen Seinszusammenhangs, der bestimmbar wird in einem ihm angemessenen universalen Ordnen. Das Grundverhalten des historischen Bewußtseins zeigte sich entsprechend ungleichen als gestaltvergleichendcs Ordnen.
(Welches Sein steht hier in Vorhabe? Vorhandensein, Gegenwärtigscin, gegenwärtiger Wechsel, Abwandlung der Kultur. Vorhabe, Vorgriff: bestimmen = übersehbar machen.)
§ 9. Beilage »Dialektik«1 und Phänomenologie
Die Tendenz der heutigen Philosophie wurde als »Platonismus der Barbaren« bezeichnet; barbarisch, weil ihr der eigentliche Wurzelboden Platos fehlt. Für die Art des Fragens, der Ansatzbildung und des Erkenntnisanspruchs ist die ursprüngliche Situation längst aufgegeben und nie wieder erreichbar; heterogene Motive, und dazu in ihrer Herkunft gar nicht geprüfte Motive, haben sich in die heutige Spekulation eingedrängt. Im Hinblick auf das, was hier beschäftigt, eine charakteristische Stelle: Plato, Politeia VI 511 b, c2. Das Entscheidende des Ansatzes des Gegenstandes der Philosophie ist dort abzulesen.
Dialektik als Opposition gegen das statische Nebeneinander (ζ. B. auch der Phänomenologie) erwächst aus derselben Fehlerquelle wie das, wogegen sie Abhilfe schaffen möchte. Sic kommt in einen konstruierten Zusammenhang, während dort ebenfalls keiner ist, d. h., es fehlt der radikale Grundblick auf den Gegenstand
1 Überschrift von H.
2 Vgl. oben S. 42, Anm. 3.