250                         Anhang B
        ausstellen. Ihre positive Funktion ist: die Sphäre des Verständlichen, 
        der reinen Selbstgenügsamkeit, abzugrenzen. (Die zeitgenössische 
        Kritik an der phänomenologischen Reduktion wendet 
        sich mit Unrecht gegen ihren angeblich »lediglich negativen« 
        Charakter.) —
        Aus dem faktischen Leben wollen wir die Form des Erfassens 
        des Lebens seiner selbst verstehen: Wie erfährt Leben sich 
        selbst? Die im faktischen Leben unabgehobenen Bezüge wollen 
        wir freilegen und in allen ihren Modifikationen verfolgen. 
        Daraus wollen wir dann den Grundsinn des so erfahrenen 
        Gegenslandsgebietes erfassen. Dieser ist deswegen durch jene Bezüge 
        bestimmt, weil das phänomenologische Verhalten (zu sich 
        selbst) mehr ist als ein bloß formales Verhalten, weil es 
        überhaupt keine Objekterkenntnis ist.
        18. Die »weltliche« Richtung des faktischen Lebens
        Im faktischen Leben leben wir immer in Bedeutsamkeitszusammenhängen, 
        die ein selbstgenügsames Ausmaß haben, d. h. 
        die zu sich selbst in ihrer eigenen Sprache sprechen. Versetzen 
        wir uns, lebendig mitgehend, in solche Erlebnisse, dann merken 
        wir, daß wir in dem Bedeutsamkeitszusammenhang, in 
        dem wir leben, uns irgendwie selbst haben. In der Art und 
        Weise, wie sich das Erleben gibt, drückt sich die Rhythmik 
        unserer eigenen Existenz aus. Die faktische Lebenserfahrung ist 
        im wörtlichen Sinn »weltlich gestimmt«, sie lebt immer in eine 
        »Welt« hinein, sie befindet sich in einer »Lebenswelt«. —
        Ich muß mich bei dieser Betrachtung aller Erlebnisbegriffe 
        entschlagen, aus der jetzigen oder einer besseren zukünftigen 
        Psychologie; ebenso aller »erkenntnistheoretischen« 
        Grundanschauungen über »Wirklichkeit« etc. Ich frage nun, wie ich in 
        der konkreten Erfahrung selbst lebe, wie ich dabei beteiligt bin 
        (Weise des »Vollzugs«).
        Es besteht auch für mich kein Gegensatz zwischen dem faktisehen

Martin Heidegger (GA 58) Grundprobleme der Phänomenologie