I. ERGÄNZUNGEN ZUR AUSGEARBEITETEN VORLESUNG
              AUS DER NACHSCHRIFT VON OSKAR BECKER
        Ergänzung 1
                        Das phänomenologische Ursprungsgebiet
        Das Ursprungsgebiet der Philosophie ist kein letzter Satz, kein 
        Axiom. Es ist auch nicht die Idee des reinen Denkens (wie 
        H. Cohen und Natorp meinen). Auch nichts Mythisches oder 
        Mystisches (d.h. nur religiös Erfaßbares). Es kann nur durch 
        die urwissenschaftliche Einstellung zugänglich gemacht werden. 
        — Das Ursprungsgebiet ist uns nicht gegeben. Wir wissen 
        nichts von ihm aus dem »praktischen Leben«. Es ist uns fern, 
        wir müssen es uns methodisch näher bringen.
        Also: 1) Das Ursprungsgebiet, das Gegenstandsgebiet der 
        Phänomenologie ist im »Leben an sich« nicht gegeben.
        2) Es ist nur durch wissenschaftliche Methode zu erreichen. 
        Welche methodischen Ansätze sind zu machen, um aus »dem 
        Leben an sich« das Urgebiet, das »Leben an und für sich« zu 
        entdecken? — Wir sehen uns zunächst das »praktische Leben« 
        an. Es ist »selbstgenügsam«. — Das Ursprungsgebiet ist wesensmäßig 
        nie gegeben im Leben an sich. Es muß immer von 
        Neuem erfaßt werden. Daher die immer neuen »radikalen«
        Tendenzen in der Philosophie im Laufe ihrer Geschichte. —
                                            *
        Ergänzung 2
        Ein Bibliothekar findet in dem Einband eines zerlesenen Bandes 
        einige Blätter mit alten Schriftzeichen — es stellt sich heraus,

Martin Heidegger (GA 58) Grundprobleme der Phänomenologie