— darin meldet sich schon eine Verwandtschaft der ἀλήθεια mit der Helle.
Diese Aussage ist wahr, wenn das Seiende als wahres erfaßt ist. Und das ist nur möglich, wenn das Seiende zuvor in seiner Offenbarkeit geschehen gelassen worden ist. Verhalten ist wahr, wenn es ein Geschehenlassen der Offenbarkeit des Seienden ist, ein ἀληθεύειν. Auch alles praktische Verhalten ist ein ἀληθεύειν; ἀληθεύειν gehört zum Wesen des Menschen, zum Wesen der menschlichen Seele (Aristoteles). Und da die Seele das Prinzip des Lebens ist, ist ἀληθεύειν eine Wesensbestimmung des Lebendigen (Nikomachische Ethik VI). Hier führt Aristoteles fünf Weise des ἀληθεύειν an: 1. επιστήμη — Wissenschaft, 2. τέχνη — praktisches Verhalten, 3. φρόνησις — sich selbst Enthüllen, 4. σοφία, 5. νους (hierzu Phaidros 249 b 5).
Was ergibt sich aus unseren bisherigen Klärungen für das Verhältnis von γνῶσις und ὄν als ἀληθές? Diese Aufhellung der Wahrheit setzt uns erst in den Stand, den echten Begriff des Subjekts zu finden. Das Subjekt verhält sich von Haus aus schon zu Seiendem, mit seiner Existenz ist schon Offenbarkeit geschehen, die Unverborgenheit des Seienden Ereignis geworden. Dadurch geschieht nichts mit dem Seienden, es ist indifferent gegen das Offenbarmachen. Erst auf Grund der Offenbarkeit wird das Seiende an sich selbst zugänglich. Mit dem Verlöschen der Existenz steht das Seiende wieder außerhalb der Möglichkeit des Offenbarwerdens.
Wahrheit ›gehört‹ also im gewissen Sinne auch zum Subjekt, aber sie ist keine Eigenschaft; sie kennzeichnet das Heraustreten des Daseins aus sich selbst, seinen ekstatischen Charakter. Wahrheit ›gibt‹ es nur, solange Dasein existiert. Aber auch Verborgenheit des Seienden, Unwahrheit, gibt es nur, sofern Dasein existiert. Wir unterscheiden vier Stufen der Verborgenheit:
1. Wenn Dasein zur Existenz kommt, ist Seiendes im Um-kreis seiner Existenz schon bekannt, offenbar. Damit ist auch schon eine bestimmte Verborgenheit geschehen.