ποιοϋσι μέν, ούχ ώς ἡ Ιατρική δέ ύγίειαν, άλλ' ώς ἡ ύγίεια, οΟτως ἡ σοφία εὐδαιμονίαν (a3 sqq). Hier vergleicht Aristoteles die σοφία mit der ύγίεια und die φρόνησις mit der ἰατρική:
ύγίεια — σοφία
ἰατρική — φρόνησις
Um den Boden dieses Vergleiches zu verstehen, muß man zugrundelegen einen Menschen, der Arzt ist. Wenn ein Arzt, der krank ist, auf Grund der Kenntnisse, die er als Arzt besitzt, sich heilt, so ist das eine eigentümliche Art, sein eigenes Dasein von sich selbst her zu besorgen, sein eigenes Dasein wieder gesund zu machen. Eine höhere Art des Gesundseins ist aber die Gesundheit selbst. Der gesunde Mensch bedarf gar nicht des Sich Auskennens in der Heilkunde, um gesund zu sein; er ist ohne Umweg gesund, d.h. das, was er ist. Das Gesundsein ist selbst eine Seinsart, die den Menschen in der Eigentlichkeit seines körperlichen Seins hält. So steht es auch mit der φρόνησις und σοφία. Die φρόνησις leitet und führt jedes menschliche Handeln, ist aber auf etwas anderes noch angewiesen, nämlich die Handlung selbst. Das θεωρεῖν der σοφία dagegen hat nicht wie die Ιατρική noch eine Abzweckung, sondern es. wird rein als solches vollzogen vom Menschen, der darin lebt Das θεωρεῖν ist eine Seinsart, in der der Mensch seine höchste Seinsart hat sein eigentliches geistiges Gesundsein.
Es bleibt hier aber immer noch eine Lücke im Verständnis des Vorrangs der σοφία, obwohl man schon einsieht: die σοφίαleistet gewissermaßen unmittelbar, lediglich dadurch, daß sie da ist, während die φρόνησις in Hinblick auf anderes, als sie selbst ist, leistet, das ist strukturmäßig klar. Aber trotzdem ist nicht verständlich, inwiefern die σοφία mit dem Gesundsein des Menschen verglichen werden kann, d.h. inwiefern das Verhalten, das das Aufdecken des Immerseins ist, das eigentliche