Abschrift
von
(Zweite Abschrift)
Freiburg, den 16. Dezember 1933
Dr. Baumgarten war von 1929-1931 in meinen Vorlesungen und Übungen mit der Absicht, sich in Freiburg für Philosophie zu habilitieren. Im Lauf der genannten Zeit stellte sich heraus, daß er weder wissenschaftlich noch charakterlich sich dazu eignete. Ich habe Dr. Baumgarten im Jahre 1932 das eröffnet und den persönlichen Verkehr mit ihm abgebrochen. Dr. Baumgarten kommt verwandtschaftlich und seiner geistigen Haltung nach aus dem liberal demokratischen Heidelberger Intellektuellen Kreis um Max Weber. Während seines hiesigen Aufenthaltes war er alles andere als Nationalsozialist. Ich bin überrascht zu hören, daß er in Göttingen Privatdozent ist, denn ich kann mir nicht denken, auf Grund welcher wissenschaftlichen Leistungen er zur Habilitation zugelassen wurde. Nachdem Baumgarten bei mir gescheitert war, verkehrte er sehr lebhaft mit dem früher in Göttingen tätig gewesenen und nunmehr hier entlassenen Juden Fränkel. Ich vermute, daß Baumgarten sich auf diesem Weg in Göttingen untergebracht hat, woraus sich auch seine jetzigen dortigen Beziehungen erklären mögen. Ich halte zur Zeit seine Aufnahme in die SA für ebenso unmöglich wie die in die Dozentenschaft. Baumgarten ist rednerisch außerordentlich geschickt. Auf dem Gebiete der Philosophie jedenfalls halte ich ihn für einen Blender ohne gründliches und stichhaltiges Wissen. Dieses Urteil bezieht sich auf meine Kenntnis vor zwei Jahren. Ob eine wirkliche Wandlung seiner politischen Haltung inzwischen sich vorbereitet hat, entzieht sich meiner
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