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Erster Teil

Dann aber läßt sich die Frage stellen, ob und wie dieser Rück-gang, der die Art der Bewegtheit dieses Denkens ausmacht, damit zusammenhängt, daß das Ereignis nicht nur als Schicken sondern als dieses vielmehr der Entzug ist.

Zeigt sich der Entzugscharakter bereits in der Problematik von »Sein und Zeit«? Um dies zu sehen, muß auf die einfache Absicht dieses Werkes bzw. auf die Bedeutung, die die Zeit in der Frage nach dem Sinn von Sein hat, eingegangen werden. Die Zeit, als welche in »Sein und Zeit« der Sinn von Sein angesprochen wird, ist daselbst keine Antwort, kein letzter Halt für das Fragen, son-dern selbst das Nennen einer Frage. Der Name »Zeit« ist der Vor-name für das, was später »die Wahrheit des Seins« hieß.

Die Auslegung der Zeit zielt zunächst auf den Charakter der Zeitigung der Zeitlichkeit des Daseins, auf das Ekstatische, das in sich, ohne daß dieser Sachverhalt in dem zur Veröffentlichung gelangten Teil von »Sein und Zeit« ausdrücklich genannt ist (vgl. S. u. Z. § 28), schon einen Hinweis auf die Wahrheit, die Lichtung, die Unverborgenheit des Seins qua Sein enthält. Schon in »Sein und Zeit« also — obwohl hier die Auslegung der Zeit auf die Zeitlichkeit des Daseins beschränkt und vom Zeitcharakter des Seins keine Rede ist (während dagegen im Vortrag »Zeit und Sein« die Rolle des Menschenwesens für die Lichtung des Seins absichtlich ausgespart bleibt) — ist die Zeit durch den Hinweis auf die ἀλήθεια und das Anwesen von vornherein aus dem gewöhnlichen Verständnis herausgenommen und hat einen neuen Sinn erhalten.

Es kommt also sowohl in »Zeit und Sein«, wo es ausdrücklich vollzogen wird, als auch in »Sein und Zeit«, wo es mehr in der Bewegung und unausgesprochenen Abzielung liegt, darauf an, die Enge, die im Titel »Zeit« liegen könnte und zunächst auch liegt, zu vermeiden. Zeit ist bereits in »Sein und Zeit« im Bezug auf die ἀλήθεια (Unverborgenheit) und von der griechischen οὐσία (Anwesenheit) her gedacht.

Wenn es mit der Zeit, als welche der transzendentale Horizont von Sein angesprochen wird, so steht, wie läßt sich dann


Martin Heidegger (GA 14) Zur Sache des Denkens