Die Sprache
Dinge bestehen nicht nebeneinander. Sie durchgehen einander. Hierbei durchmessen die Zwei eine Mitte. In dieser sind sie einig. Als so Einige sind sie innig. Die Mitte der Zwei ist die Innigkeit. Die Mitte von Zweien nennt unsere Sprache das Zwischen. Die lateinische Sprache sagt: inter. Dem entspricht das deutsche »unter«. Die Innigkeit von Welt und Ding ist keine Verschmelzung. Innigkeit waltet nur, wo das Innige, Welt und Ding, rein sich scheidet und geschieden bleibt. In der Mitte der Zwei, im Zwischen von Welt und Ding, in ihrem inter, in diesem Unter- waltet der Schied.
Die Innigkeit von Welt und Ding west im Schied des Zwischen, west im Unter-Schied. Das Wort Unter-Schied wird jetzt dem gewöhnlichen und gewohnten Gebrauch entzogen. Was das Wort »der Unter-Schied« jetzt nennt, ist nicht ein Gattungsbegriff für vielerlei Arten von Unterschieden. Der jetzt genannte Unter-Schied ist nur als dieser Eine. Er ist einzig. Der Unter-Schied hält von sich her die Mitte auseinander, auf die zu und durch die hindurch Welt und Dinge zueinander einig sind. Die Innigkeit des Unter-Schiedes ist das Einigende der Διαφορά, des durchtragenden Austrags. Der Unter-Schied trägt Welt in ihr Welten, trägt die Dinge in ihr Dingen aus. Also sie austragend, trägt er sie einander zu. Der Unter-Schied vermittelt nicht nachträglich, indem er Welt und Dinge durch eine herzugebrachte Mitte verknüpft. Der Unter-Schied ermittelt als die Mitte erst Welt und Dinge zu ihrem Wesen, d. h. in ihr Zueinander, dessen Einheit er austrägt.
Das Wort »Unter-Schied« meint demnach nicht mehr eine Distinktion, die erst durch unser Vorstellen zwischen Gegenständen aufgestellt wird. Der Unter-Schied ist gleichwenig nur eine Relation, die zwischen Welt und Ding vorliegt, so daß ein Vorstellen, das darauf trifft, sie feststellen kann. Der Unter- Schied wird nicht nachträglich von Welt und Ding als deren Beziehung abgehoben. Der Unter-Schied für Welt und Ding ereignet Dinge in das Gebärden von Welt, ereignet Welt in das Gönnen von Dingen.
Language - Poetry, Language, Thought p. 202