Die Sprache
und irgendwann anwesenden Winterabend vor. Es schildert weder einen schon anwesenden nur ab, noch will es einem nicht anwesenden Winterabend den Anschein eines Anwesenden und den Eindruck eines solchen verschaffen. Natürlich nicht, wird man entgegnen. Alle Welt weiß, daß ein Gedicht Dichtung ist. Es dichtet sogar dort, wo es zu beschreiben scheint. Dichtend bildet sich der Dichter ein möglicherweise Anwesendes in seinem Anwesen vor. Gedichtet bildet das Gedicht das so Vor-gebildete unserem Vorstellen ein. Im Sprechen des Gedichtes spricht sich die dichterische Einbildungskraft aus. Das Gesprochene des Gedichtes ist das vom Dichter aus ihm Herausgesprochene. Dieses Ausgesprochene spricht, indem es seinen Gehalt ausspricht. Die Sprache des Gedichtes ist ein mehrfältiges Aus-sprechen. Die Sprache erweist sich unbestreitbar als Ausdruck. Das jetzt Erwiesene steht aber gegen den Satz: Die Sprache spricht, gesetzt, daß Sprechen im Wesen nicht ein Ausdrücken ist.
Selbst wenn wir das Gesprochene des Gedichtes vom Dichten her verstehen, erscheint uns das Gesprochene wie unter einem Zwang immer wieder und immer nur als ausgesprochenes Aus-sprechen. Sprache ist Ausdruck. Warum fügen wir uns diesem Tatbestand nicht? Weil das Richtige und das Gängige dieser Vorstellung von der Sprache nicht zureichen, um darauf die Erörterung ihres Wesens zu gründen. Wie ermessen wir das Unzureichende? Muß uns, damit wir solches Messen vermögen, nicht schon ein anderes Maß binden? Allerdings. Es bekundet sich in dem Satz: Die Sprache spricht. Bisher sollte dieser Leitsatz nur erst die verhärtete Gewohnheit abwehren, das Sprechen, statt es aus ihm selber zu denken, sogleich unter die Erscheinungen des Ausdrückens abzuschieben. Das gesagte Gedicht ist deshalb gewählt, weil es auf eine nicht weiter er-klärbare Weise die Eignung bekundet, unserem Versuch, die Sprache zu erörtern, einige fruchtbare Winke zu leihen.
Die Sprache spricht. Dies heißt zugleich und zuvor: Die Sprache spricht. Die Sprache? Und nicht der Mensch? Ist, was