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Die Sprache
Aber die jetzt herausgehobenen Verse bekunden auch eine besondere Schönheit der gebrauchten Bilder. Diese Schönheit er-höht den Reiz des Gedichtes und bekräftigt die ästhetische Vollendung des Kunstgebildes.
Das Gedicht beschreibt einen Winterabend. Die erste Strophe schildert, was draußen geschieht: Schneefall und Läuten der Abendglocke. Das Draußen rührt an das Drinnen der menschlichen Wohnstatt. Der Schnee fällt ans Fenster. Die Glocke läutet in jegliches Haus hinein. Drinnen ist alles gut bestellt und der Tisch bereitet.
Die zweite Strophe läßt einen Gegensatz erstehen. Gegen-über den Vielen, die im Haus und am Tisch heimisch sind, wandern Manche unheimisch auf dunklen Pfaden. Doch führen solche vielleicht bösen Wege bisweilen an das Tor des bergenden Hauses. Dieses wird zwar nicht eigens vorgestellt. Statt-dessen nennt das Gedicht den Baum der Gnaden.
Die dritte Strophe bittet den Wanderer herein aus dem dunklen Draußen in die Helle drinnen. Aus den Häusern der Vielen und aus den Tischen ihrer alltäglichen Mahlzeiten ist das Gotteshaus und der Altartisch geworden.
Der Inhalt des Gedichtes ließe sich noch deutlicher zergliedern, seine Form noch genauer umgrenzen, wir blieben bei solchem Verfahren jedoch überall in die Vorstellung von der Sprache gebannt, die seit Jahrtausenden herrscht. Darnach ist die Sprache der vom Menschen vollzogene Ausdruck innerer Gemütsbewegungen und der sie leitenden Weltansicht. Läßt sich der Bann dieser Vorstellung über die Sprache brechen? Wes-halb soll er gebrochen werden? Die Sprache ist in ihrem Wesen weder Ausdruck, noch eine Betätigung des Menschen. Die Sprache spricht. Wir suchen jetzt das Sprechen der Sprache im Gedicht. Demnach liegt das Gesuchte im Dichterischen des Gesprochenen.
»Ein Winterabend« lautet die Überschrift des Gedichtes. Wir erwarten von ihm die Beschreibung eines Winterabends, wie er wirklich ist. Allein, das Gedicht stellt nicht einen irgendwo