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Was ist Metaphysik?

wenigsten durch das »ängstliche« und unvemehmlich für das »Ja Ja« und »Nein Nein« des betriebsamen; am ehesten durch das verhaltene; am sichersten durch das im Grunde verwegene Dasein. Dieses aber geschieht nur aus dem, wofür es sich verschwendet, um so die letzte Größe des Daseins zu bewahren.

Die Angst des Verwegenen duldet keine Gegenstellung zur Freude oder gar zum behaglichen Vergnügen des beruhigten Dahintreibens. Sie steht — diesseits solcher Gegensätze — im geheimen Bunde mit der Heiterkeit und Milde der schaffenden Sehnsucht.

Die ursprüngliche Angst kann jeden Augenblick im Dasein erwachen. Sie bedarf dazu keiner Weckung durch ein ungewöhnliches Ereignis. Der Tiefe ihres Waltens entspricht das Geringfügige ihrer möglichen Veranlassung. Sie ist ständig auf dem Sprunge und kommt doch nur selten zum Springen, um uns ins Schweben zu reißen.

Die Hinemgehaltenheit des Daseins in das Nichts auf dem Grunde der verborgenen Angst macht den Menschen zum Platzhalter des Nichts. So endlich sind wir, daß wir gerade nicht • durch eigenen Beschluß und Willen uns ursprünglich vor das Nichts zu bringen vermögen. So abgründig gräbt im Dasein die Verendlichung, daß sich unserer Freiheit die eigenste und tiefste Endlichkeit versagt.

Die Hinemgehaltenheit des Daseins in das Nichts auf dem Grunde der verborgenen Angst ist das Übersteigen des Seienden im Ganzen: die Transzendenz.

Unser Fragen nach dem Nichts soll uns die Metaphysik selbst vorführen. Der Name »Metaphysik« stammt aus dem griechischen μετὰ τὰ φυσικά. Dieser wunderliche Titel wurde später gedeutet als Bezeichnung des Fragens, das μετά — trans — »über« das Seiende als solches hinausgeht.

Metaphysik ist das Hinausfragen über das Seiende, um es als ein solches und im Ganzen für das Begreifen zurückzuerhalten.

In der Frage nach dem Nichts geschieht ein solches Hinaus-


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