17
Zweite Stunde
halb der Wissenschaften erzeugt. Er ist überhaupt nicht vom
Menschen gemacht. Er steigt aus der Gegend jenes Bedenklichsten
auf, daß wir noch nicht denken; wir alle noch nicht, der
Sprecher mit einbegriffen, er sogar zuerst.
Darum versuchen wir hier, das Denken zu lernen. Wir gehen
hier miteinander einen Weg und halten keine Mahnreden. Lernen
heißt: das Tun und Lassen zu dem in die Entsprechung bringen,
was sich jeweils an Wesenhaftem uns zuspricht. Je nach der
Art dieses Wesenhaften, je nach dem Bereich, aus dem sein
Zuspruch kommt, ist das Entsprechen und damit die Art des
Lernens verschieden.
Ein Schreinerlehrling z.B., jemand, der Schreine bauen lernt
und ähnliche Dinge, übt beim Lernen nicht nur die Fertigkeit in
der Verwendung der Werkzeuge. Er macht sich auch nicht nur
mit den gebräuchlichen Formen der Dinge, die er zu bauen hat,
bekannt. Er bringt sich, wenn er ein echter Schreiner wird, vor
allem zu den verschiedenen Arten des Holzes und zu den darin
schlafenden Gestalten in die Entsprechung, zum Holz, wie es mit
der verborgenen Fülle seines Wesens in das Wohnen des
Menschen hereinragt. Dieser Bezug zum Holz trägt sogar das ganze
Handwerk. Ohne diesen Bezug zum Holz bleibt es in der leeren
Betriebsamkeit hängen. Die Beschäftigung in ihr wird dann
lediglich durch das Geschäft bestimmt. Jedes Handwerk, alles
menschliche Handeln steht immer in dieser Gefahr. Das Dichten
ist hiervon so wenig ausgenommen wie das Denken.
Ob ein Schreinerlehrling jedoch beim Lernen in die Entsprechung
zum Holz und zu den hölzernen Dingen gelangt oder
nicht, hängt offensichtlich davon ab, daß einer da ist, der den
Lehrling solches lehrt.
In der Tat. Das Lehren ist noch schwieriger als das Lernen.
Man weiß dies wohl; aber man bedenkt es selten. Weshalb ist das
Lehren schwerer als das Lernen? Nicht deshalb, weil der Lehrer
die größere Summe von Kenntnissen besitzen und sie jederzeit
bereit haben muß. Das Lehren ist darum schwerer als das Lernen,
weil Lehren heißt: lernen lassen. Der eigentliche Lehrer läßt