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Erste Stunde
absperren, was ihn angeht, angeht in der gewiß rätselhaften Weise, daß es ihm entgeht, indem es sich ihm entzieht. Das Ereignis des Entzugs könnte das Gegenwärtigste in allem jetzt Gegenwärtigen sein und so die Aktualität alles Aktuellen unendlich über-treffen.
Was sich uns entzieht, zieht uns dabei gerade mit, ob wir es sogleich und überhaupt merken oder nicht. Wenn wir in den Zug des Entziehens gelangen, sind wir — nur ganz anders als die Zugvögel — auf dem Zug zu dem, was uns anzieht, indem es sich entzieht. Sind wir als die so Angezogenen auf dem Zuge zu dem uns Ziehenden, dann ist unser Wesen schon durch dieses »auf dem Zuge zu...« geprägt. Auf dem Zuge zu dem Sichentziehenden weisen wir selber auf dieses Sichentziehende. Wir sind wir, indem wir dahin weisen; nicht nachträglich und nicht nebenbei, sondern: dieses »auf dem Zuge zu...« ist in sich ein wesenhaftes und darum ständiges Weisen auf das Sichentziehende. »Auf dem Zuge zu...« sagt schon: zeigend auf das Sichentziehende.
Insofern der Mensch auf diesem Zug ist, zeigt er als der so Ziehende in das, was sich entzieht. Als der dahin Zeigende ist der Mensch der Zeigende. Der Mensch ist hierbei jedoch nicht zunächst Mensch und dann noch außerdem und gelegentlich ein Zeigender, sondern: gezogen in das Sichentziehende, auf dem Zug in dieses und somit zeigend in den Entzug, ist der Mensch allererst Mensch. Sein Wesen beruht darin, ein solcher Zeigender zu sein. Was in sich, seinem Wesen nach, ein Zeigendes ist, nennen wir ein Zeichen. Auf dem Zug in das Sichentziehende ist der Mensch ein Zeichen. Weil dieses Zeichen jedoch in das Sich ent- ziehende zeigt, deutet es nicht so sehr auf das, was sich da ent-zieht, als vielmehr in das Sichentziehen. Das Zeichen bleibt ohne Deutung.
Hölderlin sagt in einem Entwurf zu einer Hymne:
»Ein Zeichen sind wir, deutungslos«
Der Dichter fährt mit den beiden Verszeilen fort: