301

§ 24. Realität der Außenwelt

Nur-noch-hinsehen auf sie als Dingmannigfaltigkeit Abbruch getan.

Die traditionellen Kategorien der Dinglichkeit, die man zugleich aus bestimmten Gründen als die Seinskategorien bestimmt: Dinglichkeit, Substanz, Akzidenz, Eigenschaft, Kausalität haben ihre phänomenale Genesis in dieser defizienten Bedeutsamkeit. Diese Kategorien sind schon aus einer Zugangsart (Vorhabe von Anwesenheit und deren fundamentalen Bestimmtheiten) geschöpft, die sich im Prozeß einer charakteristischen Entweltlichung befindet. Warum nun gerade diese Kategorien die erstentdeckten sind, diese Frage ist gleichbedeutend mit der Frage, die wir schon früher gestellt haben und deren Beantwortung noch aussteht: Warum überspringt das natürliche Dasein in der Aufklärung der Welt, in der es ist, gerade die Umwelt? Warum setzt es bei der kategorialen Charakteristik des Seins der Welt immer schon solche ausgeformten Kategorien wie Dinglichkeit als die Grundbestimmungen an?

Die aristotelischen Kategorien: ούσί,α, ποιόν, ποσόν, ποΰ ποτέ, πρός τί (ΐιποκείμενον — συμβεβην,ότα — das, was je schon mit Vorhandenheit Zusammensein muß — die apriorischen Möglichkeiten des etwas als etwas), traditionell: Substanz, Qualität, Quantität, Ort, Zeit, Beziehung, sind alle schon in dieser eigentümlichen Dimension eines bloßen Dingerfassens und einer bestimmten Art der Rede darüber, nämlich der theoretischen Aussage, geschöpft. Diese Kategorien selbst aber wurden schon für Aristoteles die Seinskategorien schlechthin; sie waren zugleich der Boden für die Bestimmung der Gegenstandskategorien überhaupt, d. h. der Bestimmungen, die jedem Etwas, sofern es überhaupt etwas ist, mag es nun in der Welt sein oder gedacht sein, zukommen. Leibhaftigkeit ist also auch kein primärer Charakter der Umwelt.


Martin Heidegger (GA 20) Prolegomena zur Geschichte Zeitbegriffs